Bei der Waschmaschine handelt es sich um ein Gerät der Firma
Bauknecht,
Model “WAK 1600 HE”
,
Made in Germany also.

Die Vorgeschichte und Gegebenheiten:
Die Maschine war zum damaligen Zeitpunkt ca. 9 Jahre alt. Bei der Anschaffung ein eher hochwertiges Model, das 1600 Umdrehungen lieferte und mit Bügelfunktion, etc. ausgestattet war.
Den Deckel der Maschine hatte ich einst zum Einbau entfernt, da das Gerät unter der Arbeitsplatte angeschlossen ist. Es steht also nach oben hin offen unter der Arbeitsplatte.
Über die Jahre hinweg ist mehrmals Wasser unter die Arbeitsplatte gelangt, vermutlich auch darunter und evtl. auch in die Maschine.

Das aktuelle Problem war, dass die Maschine keinerlei optische sowie technische Funktionen hatte.

Dazu hatte ich folgende Überlegungen angestellt, um das Problem zu lösen:

1. Eine neue, vergleichbare, höherwertige Waschmaschine kaufen, die dann hoffentlich auch längere Zeit funktioniert. Dies wird jedoch relativ teuer.

2. Eine billige neue Waschmaschine kaufen, die dann vermutlich nicht lange hält, trotzdem aber Geld kostet (ca. 250-300,- €), geliefert werden muss, von mir angeschlossen
    und die alte Maschine entsorgt werden muss. Ist sehr schwer, passt nicht in ein Auto, ist alleine nicht umsetzbar, … Nicht wirklich überzeugend.

3. Eine gebrauchte, nach Möglichkeit hochwertige Waschmaschine kaufen, die aber dann schon älter ist und die Lebenszeit somit ungewiss ist, ebenso Geld kostet,
    geliefert werden muss, angeschlossen und alte Maschine entsorgt werden muss. Auch nicht überzeugend.

4. Die “gute alte” vorhandene Waschmaschine reparieren, was hoffentlich funktioniert, günstig ist, sich noch lohnt und den einfachsten Weg darstellt.
    Das klingt doch überzeugend!

Lösungsverlauf:

1.    Allgemeine Recherche über die Maschine in Bezug auf das vorliegende Problem (Google, YouTube, diverse Foren im Internet).

       Ergebnis: Abweichende Informationen bezüglich anderer und ähnlicher Modelle erhalten.

2.    Maschine unter Arbeitsplatte hervorgezogen, Wasserzulauf und Stromverbindung getrennt, nach optischen Auffälligkeiten überprüft.
       Optisch keine Stellen von Wassereindrang sichtbar.
       Neues weiteres Problem: Wie zerlegt man die Waschmaschine, um mehr Details wie Platinen etc. sehen zu können?

3.    Weitere Recherche wie in Position 1 erwähnt, nun aber auch nach dem Auseinanderbau bzw. Aufbau von Waschmaschinen generell, speziell von Bauknecht.

       Ergebnisse:

  • Ich hatte Videos gefunden, die die Reparatur anderer Hersteller dokumentieren.
  • Ich erfuhr, welche Schwachstelle Waschmaschinen, besonders von Bauknecht, bei dem vorliegenden Problem aufweisen.
    Ein Bereich auf der Hauptplatine, dessen Bauteile bezüglich anliegender Spannung vom Hersteller zu gering ausgelegt wurden.
    Auch brachte ich in Erfahrung, dass über Amazon 2 Sets als sog. Reparaturkits aus dem Ausland vertrieben werden.

4.    Weitere Recherche in Richtung Hauptplatine.

       Ergebnisse:

 

  • Die Hauptplatine ist das „Herzstück“ und somit das teuerste Ersatzteil der Maschine.
  • Eine Firma vertreibt die passende Platine in 2 Varianten, programmiert und unprogrammiert. Der Preis für die unprogrammierte Version liegt bei ca. 160,- € + 7,- € Versand. Diese muss bestellt werden, die Lieferzeit beträgt 2 Wochen. Für schon rund 170,- € bekommt man keine neue Waschmaschine, keine tolle, aber immerhin!

5.    Also richtete ich meine Recherche nach gebrauchten Waschmaschinen im Internet bei Firmen mit Online Shop ihrer Gebrauchtgeräte.
       Parallel besuchte ich Großhändler weißer Ware, welche auch gebrauchte Maschinen vertreiben.

       Ergebnisse:

  • Gebrauchte Waschmaschinen aus dem Internet sahen sehr alt und wirklich verbraucht aus, Preise von 200-300,- €, nicht überzeugend daher.
    Ein Großhändler hatte nur 2 Miele Maschinen, ebenfalls optisch sehr verbraucht, eindeutig schlechter als der optische Zustand meiner Maschine, preislich 350,- und 400,- €, zwar von der Top-Marke Miele, aber nicht überzeugend.
  • Nachfrage dort nach der defekten Platine ergab einen Preis von 190,- €.

6.    Ich unternahm weitere Versuche, die Waschmaschine zu zerlegen, um an die wohl defekte Hauptplatine zu gelangen. Nach Tagen und vielen Gedanken gelang es mir.

       Problematik:

  • Die Hauptplatine ist nach unten zur Trommel in einem Kunststoffgehäuse eingeklemmt
  • Zu ihr führen 16 Stecker Leisten mit jeweils 2 oder mehreren Leitungen.
  • Um die Hauptplatine komplett zu entfernen, muss auch die Frontblende entfernt werden. Diese ist neben einer mittigen Schraube mit 4 Klemm-Einrast-Verschlüssen am Gehäuse (Stahlchasis) verbunden. Zwei dieser Verschlüsse sind zugänglich, 2 nicht. Sie befinden sich zwischen der Stahlchasis und der Außenverkleidung der Maschine. Nach oben zugänglich ist lediglich ein kleines Loch von etwa knapp 1 cm Durchmesser. Wie also soll man ohne die Waschmaschine komplett zu zerlegen, wozu sie auf einem Tisch stehen oder komplett gedreht werden müsste, ich dazu noch alleine bin… Wie also diese 2 Verschlüsse, die nicht zugänglich sind öffnen? Mein vorhandener Bit- und Torx-Schraubenzieher ist zu dick und passt nicht hindurch, Draht ist zu weich und verbiegt sich?!

    Lösung:

    Nach einigen weiteren Tagen gelang es mir mit einem Holzspieß, der dünner und trotzdem stabil genug war, die äußeren Klemm-Einrast-Verschlüsse zu öffnen.
    Nun hatte ich erstmals freien Zugang zu der defekten Platine. Ebenso waren nun an 2 Stellen Flüssigkeitsspuren sichtbar.
    Hinter der Frontblende war eine weitere große Platine über die komplette Frontblendenfläche angebracht. Auf der Hauptplatine war ein Bereich, der für die Spannungsumwandlung zuständig ist, total verkohlt. Es muss also einen Kurzschluss gegeben haben.

7.    Im Folgenden reinigte ich die Platine. Dann erstellte ich mittels Lupe eine Tabelle 
       mit den jeweiligen Bauteilen aus dem Bereich der Spannungsumwandlung 
       zusammen.
       Dazu mussten mittels Widerstandsrechner (4 Farbringe der Widerstände, 
       Farbcode) deren Werte berechnet werden.
       Weitere betroffene Bauteile waren 2 IC´s, 2 Elkos, evtl. eine Spule, ein
       Kondensator, und diverse Dioden. Die Werte der Dioden konnten nicht abgelesen
       werden, da diese zu klein waren und nach unten zur Platine deuteten. Daher
       zwickte ich sie an einem Ende ab, bog sie um, und konnte dann ihre Werte mit  
       der Lupe ablesen.
  

8.    Bauteilbeschaffung
       Die angebotenen Sets über Amazon enthielten einen Teil der Bauteile, allerdings nicht alle und lagen preislich bei 9-25,- € plus Versand aus dem Ausland.
       Daher war diese Problemlösung nicht überzeugend.
       Ich zog es vor, nur die, und genau die Bauteile zu kaufen, die ich benötige.
       CONRAD Elektronik ist hierfür der richtige Ansprechpartner. Über Internet, online, war es nicht möglich die Teile exakt zu bestimmen.
       Daher fuhr ich zur nächstgelegenen Niederlassung, in meinem Fall Mannheim.
       Auch dort stellte sich durch den Verkäufer des Fachbereiches heraus, als ich sagte, dass es sich um eine Waschmaschine handelt, dass einige Bauteile zu schwach  
       ausgelegt waren. 2 Bauteile waren nicht vorrätig und galten als Spezialartikel. Diese könne ich über die Beschaffungsabteilung erhalten. Der Trafo (die Spule also) aus dem 
       Platinen-Bereich sei nicht erhältlich und sicherlich auch nicht defekt, erfuhr ich. Diese Trafos würden direkt für ein jeweiliges Model vom Hersteller gewickelt werden.
       Die Bauteilbestimmung stellte sich etwas schwierig heraus, obwohl ich die Werte zuvor notiert hatte. Das Gerät ist wie heute alles im Ausland gefertigt und rund 9-10
       Jahre alt. Viele der Teile gibt es nicht mehr oder werden nun mit anderen Bezeichnungen verkauft. Daher mussten bei jedem Bauteil, außer den Widerständen, 1 bis 2 dicke 
       Vergleichsbücher hinzugezogen werden. Die vorrätigen Bauteile, bis auf die 2 fehlenden, kosteten schließlich an der Kasse knapp 2,- €!

9.    Restliche Bauteile
       Wegen der 2 fehlenden Bauteile wendete ich mich online an die Beschaffungsabteilung von CONRAD Elektronik. Diese sendeten mir einen Tag später die Preise,  
       Lieferzeiten und Bezeichnungen von beschaffbaren Ersatzbauteilen. Die Lieferzeit betrage 2 Wochen, der Preis rund 30,- € mit Versand.
       Da diese 2 Teile nicht kurzfristig erhältlich waren und wesentlich teurer, immer noch günstig, aber im Vergleich zu den knapp 2,- € der anderen Teile, beschloss ich, die Teile  
       die ich hatte, und das waren schließlich die meisten, zu verbauen.

10.    Lötarbeiten zum Austausch der Bauteile
         Also machte ich mich ans Werk, wie früher in meiner Jugend, als ich Platinen lötete oder auch während meiner 2ten Ausbildung.
         Ich begann mit den Widerständen, danach die Elkos, der Kondensator, die Dioden, und dann der 6beinige IC (Integrierte Schaltkreis). Dieser war die größte   
         Herausforderung. Aufgrund seiner 6 Beine in 2 Reihen konnte ich nicht alle 6 Stellen gleichzeitig mit dem Lötkolben erhitzen. Mittels der Lötsaugpumpe gelang es mir auch 
         nicht das Lötzinn ausreichend zu entfernen, um das Bauteil aus der Platine zu entfernen. Da ich gedanklich dies zuvor schon durchgespielt hatte, kaufte ich gleich einen
         IC-Sockel mit. Dazu kommt, dass ein IC ein empfindliches Bauteil ist und nicht stark erhitzt werden darf, sollte. Somit musste ich den neuen IC nur in richtiger Richtung 
         einstecken. Der alte, vermutlich defekte IC war Nebensache. Daher zwickte ich ihn einfach mit einem kleinen Seitenschneider ab und konnte dann einfach die restlichen 
         kurzen „Beinstummel“ auslöten und mit einer Pinzette entfernen. 

11.    Der Einbau der Platine
         Nun wurde es spannend. Hat es nun ausgereicht, dass ich diese Teile getauscht hatte oder nicht? Also baute ich die Platine wieder in ihr Gehäuse. Der Einbau des  
         Gehäuses in der Waschmaschine brachte einige weitere Schwierigkeiten mit sich. Noch größere folgten dann danach durch den Anschluss der rund 15 Stecker, die zu 
         dieser Hauptplatine führten. Davon abgesehen hatte die Hauptplatine noch weitere Anschlüsse für Stecker, die jedoch unbelegt waren. Mit Hilfe meiner zuvor angefertigten 
         Bilder und einiger Beschriftungen an den einzelnen Steckern gelang es mir und schien auch zu stimmen. Lediglich die Kabelführung war meinerseits nicht so perfekt wie 
         zuvor von Fabrik aus. Da die Kabel jedoch keine beweglichen Teile kontaktieren und ich möglicherweise alles wieder demontieren musste, vertüftelte ich mich nicht weiter.
         Ich klemmte darauf die Frontblende fest und schraubte sie an, baute die Waschmittelschublade wieder ein, setzte die Maschine unter Spannung und öffnete die  
         Wasserzufuhr.

         Der große Moment war gekommen, die Spannung stieg…

         Dann wählte ich die Programmwahl und alle Lampen leuchteten wie gewohnt, im Display erschien auch keine Fehlermeldung, toll!
         Darauf nahm ich sofort einige Handtücher und startete ein Kurzwaschprogramm zum Test.
         Alles einwandfrei, die Maschine war wieder zu 100 % funktionsfähig, und das für nicht einmal 2,- € an Kosten!
         Ich habe mich lediglich in die Materie einarbeiten und etwas (Frei-)Zeit investieren müssen. Schätzungsweise mit den Fahrtzeiten zu CONRAD und den Händlern ein
         Gesamtzeitaufwand von 6 Stunden.

         Hoffen wir, dass die Waschmaschine noch lange durchhält und die Industrie vielleicht wieder beginnt, qualitativ hochwertige Geräte zu produzieren wie früher – Made in
         Germany – ohne absichtlich gewisse Bauteile oder Materialien so schwach zu dimensionieren, dass sie schnell defekt gehen.
         Der “Normalbürger” hätte die Waschmaschine entsorgt und eine neue gekauft, evtl. sogar mit Kredit, und das, obwohl die Ursache doch so minimal war.